BUND, Kreisverband Lahn-Dill, vertreten durch Kreisvorstandssprecher Johannes Rech (Solms) NABU-Ortsgruppe Solms, vertreten durch den Vorsitzenden Thomas Lutz (Solms)
HGON, vertreten durch den stellvertretenden Landesvorsitzenden Rudolf Fippl (Solms)
Kurzes Statement zu den Hintergründen bei der geplanten Bebauung am Weidfeldsweg in Solms-Oberndorf
Das beanspruchte Gebiet ist aufgrund seiner Artenvielfalt ein wahres Juwel
- 63 Vogelarten (2/3 Brutvögel) 12x Rote-Liste
- 37 Tagfalterarten, darunter auch sehr seltene Arten (allein 37 Arten ist für die heutige „Normallandschaft“ ein Spitzenwert).
2022 >1000 Feldgrillen - das haben wir in ganz Solms nicht mehr.
- Viele Artengruppen (Wildbienen, Nachfalter, Fledermäuse) für die das Gebiet auch eine potenziell hohe Bedeutung hat, sind bislang nicht untersucht.
- Die beweideten Flächen im Zentrum haben eine einzigartige Struktur mit zahlreichen Ameisenhügeln.
- Der aktuelle F-Planentwurf der Stadt zeigt noch Alternativen auf - obwohl in der öffentlichen Diskussion stets die Rede davon ist, dass der Weidfeldsweg die letzte Bebauungsmöglichkeit in Oberndorf wäre. Allein im gleichen Stadtteil sieht der Flächennutzungsplanentwurf jetzt weitere Flächen von zusammen 3,5 ha vor, die als Arrondierung sich besser in die Landschaft fügen und keine so hohe Artenschutzbedeutung besitzen.
- Unabhängig vom angeblichen Druck auf die Stadt zur Ausweisung von Bauflächen: Der fortlaufende Flächenfraß ist ebenfalls eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung; er ist eine ernste Bedrohung unserer Lebensgrundlagen und verschärft zunehmend den Klimawandel.
Wenn wir solche Zentren des Artenschutzes, wie südlich des Weidfeldsweges zerstören, hat das weitreichende Folgen
Ein banales Bsp.:- Alle freuen sich über Vögel, Insekten, Tiere in ihren Gärten bzw. in ihrer Nähe. Wo kommen die her (aus den Gärten allein können die meisten Arten nicht leben). Wenn es solche Refugien (Artenzentren) nicht mehr gibt, verarmt dadurch auch die weitere Umgebung und auch unser Wohnumfeld.
- Die Stadt Solms gehört zu den Gemeinden in Hessen, die in den vergangenen vier Jahrzehnten fleißig Bauland ausgewiesen hat, aber den naturschutzrechtlich vorgeschriebenen Ausgleich (Ausgleichsflächen für die Eingriffe) fast völlig unter den Tisch fallen ließ. Die Stadt hat also noch erhebliche (Ausgleichs-)Schulden aus der zurückliegenden Bebauung. Das ist Behörden bekannt und auch den Vertretern der Stadt bewusst. Ein dazu eingerichteter Runder Tisch in der Stadt Solms kratzt hier bislang nur an der Oberfläche. Eigentlich müsste die Landschaft in Solms also schon lange viel mehr naturnahe Rückzugsgebiete aufweisen. Durch das Fehlen solcher Flächen (in Folge der 4-jahrzehntelangen Untätigkeit) ist es überhaupt dazu gekommen, dass Flächen wie südlich des Weidfeldsweges zu den letzten Refugien für seltene Arten gehören. Die Naturschutz-Verbände BUND, NABU und HGON fordern, dass die Stadt erst mal Ihre Hausaufgaben in Sachen naturschutzrechtlichen Ausgleichs macht, bevor sie weitere Flächen beansprucht.
Abgesehen davon:
- Der noch gültige F-Plan weist immer noch eine gleichgroße naturschutzfachlich weit unproblematischere Fläche auf, auf die die Stadt nun verzichten will (!!?) Für uns überhaupt nicht nachvollziehbar.
- Hintergrund: Es gibt eine mögliche Baufläche nördlich des besagten Weidfeldsweges, die seit langem im F-Plan ausgewiesen ist und auch im Regionalplan dargestellt war. Diese Fläche ist aus unserer Sicht (abgesehen vom „Flächenfraß“) zumindest naturschutzfachlich von geringerer Bedeutung. Die Fläche gegen deren Bebauung wir hier kämpfen, liegt dagegen südlich dieses Weidfeldsweges.
Sie war bis vor kurzem gar nicht zur Bebauung freigegeben sondern laut Regionalplan eine frei von Bebauung zu haltende Fläche aus Klimaschutzgründen. In einer für uns nicht transparenten Aktion hat die Stadt Solms ein sogenanntes Abweichungsverfahren vom Regionalplan durchgesetzt. Klimaschutz spielt jetzt angeblich keine Rolle mehr. Die Regionalplanung hat die Fläche – aus unserer Sicht im Hauruckverfahren - zur Bebauung freigegeben (d.h. der Abweichung zugestimmt). Vermutlich ohne vertiefende Würdigung der Verhältnisse.
- Die Stadt Solms ist Klimaschutzgemeinde – gemessen an dem was hier passieren soll, ist der Titel zu Unrecht vergeben. Wird die Fläche bebaut, schadet das dem Kaltluftabfluss in die Ortschaft. Darunter müssen dann viele leiden.
- Weiterer Hintergrund: Die Stadt hat auf unsere Einwendungen – u.a. im Rahmen der ersten Offenlage – (scheinbar) reagiert. Sie hat das Gebiet tatschlich verkleinert. Alle für die Vögel und die meisten Insektenarten wichtigen Flächen sollen aber auch nach dem geänderten Entwurf zerstört werden. Durch den geänderten Entwurf will die Stadt eine EU-Vorgabe zum Schutz der „mageren Flachlandmähwiesen“ umgehen, von denen es auch drei Teilflächen im Geiet südlich des Weidfeldsweges gibt. Der Zuschnitt der Bauflächen nach dem geänderten Entwurf sieht jetzt vor, dass die mageren Flachlandmähwiesen ausgegrenzt werden sollen. Nach unserem Dafürhalten führt der unmittelbare Anschluss der Mähwiesen an die Bebauung (teilweise sind sie von drei Seiten eingegrenzt) auch ohne Überbauung zu einer unweigerlichen Zerstörung des im Moment schützenwerten Zustands. Das erinnert an einen Etikettenschwindel.
Anmerkung: - Nach der jetzt geplanten Reduzierung der Baufläche, durch das (untaugliche) Ausgrenzen der Flachlandmähwiesen, könnte das Vorhaben jetzt nahezu problemlos, auf der gegenüberliegenden Seite des Weidfeldsweges (also der bisherigen Baulandfläche) untergebracht werden.
- Die handelnden Akteure müssten dazu lediglich die Größe besitzen, das erfolgte Abweichungsverfahren beim RP rückabzuwickeln (!). Auf unseren diesbezüglichen Vorschlag ist die Stadt bislang überhaupt nicht eingegangen. Die Folgeprobleme, z.B. durch die engen Erschließungsstraßen, die Verschärfung der Hochwasserproblematik usw. bestünden zwar fort. Die Probleme mit dem Klimaschutz, dem Artenschutz und den EU-Vorgaben würden allerdings weitgehend entfallen und einen geringeren naturschutzfachlichen Ausgleich würde diese Alternative auch nach sich ziehen. Gez. Johannes Rech Thomas Lutz Rudolf Fippl